Viro Major – An Louise Michel

Du sahst das maßlose Gemetzel, den Kampf,
Das Volk ans Kreuz geschlagen, Paris auf seinem Schmerzenslager,
Und ungeheures Mitleid war in deinen Worten;
Du tatest das, was große Seelen tun, außer sich;
Und müde des Kampfes, des Träumens, des Leidens,
Sprachst du: - ich habe getötet! – denn du wolltest sterben.

Schrecklich und übermenschlich gabst du falsch Zeugnis wider dich.
Verherrlichtest, die man zugrund richtet und mit Füßen tritt.
Und die Menge lauschte der stolzen Frau, die sich selbst bezichtigte.
Der ganze Saal war erfüllt von Entsetzen,
Denn das blutende Volk hasst den Krieg unter Bürgern.

Und alle, die, wie ich dich all des unfähig wissen,
Was nicht heroisch und voll Tugend ist,
Die wissen, dass, wenn Gott dich fragte: “Woher  kommst du?“
Die Antwort wäre: ich komme aus der Dunkelheit des Leidens;
Mein Gott, ich komme aus der Pflicht, die du zu einem Abgrund machst!

Alle, die das Haus ohne Feuer, ohne Luft, ohne Brot,
Das Feldbett kennen mit dem Tisch aus Tannenholz,
Deine Güte, deinen Stolz einer Frau aus dem Volke,
Die herbe Rührung unter deinem Zorn,
Den langen, Hasserfüllten Blick auf alle die Unmenschlichen,
Die Kinderfüße, die du mit den Händen wärmtest;
Sie alle, Frau, voll Andacht vor deiner ungezähmten Größe,
Nicht achtend des bittren Zugs um deinen Mund,
Nicht achtend des teuflischen Verfolgers, der,
Dir ständig auf den Fersen,
Alle Empörung des Gesetzes ins Gesicht dir schlug,
Nicht achtend deiner unheilvollen, lauten Stimme, die dich anklagt,
Sie alle sahn durch das Medusenhaupt
Den Widerschein des Engels.

Victor Hugo im Dezember 1871